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137067

(1936) Methodenlehre der Sozialwissenschaften, Wien-New York, Springer.

Der Begriff des positiven Rechts und die Reine Rechtslehre

Felix Kaufmann

pp. 291-310

Die theoretische Forschung, die bestrebt ist, den Begriff des Rechts in voller Klarheit zu erfassen, sieht sich vor zwei Probleme der Grenzziehung gestellt. Sie hat das Recht einerseits von dem nudum factum der Herrschaft und andererseits von bestimmten Gerechtigkeitsforderungen, für welche vernunfteinsichtige, von jeglicher Satzung unabhängige Geltung in Anspruch genommen wird, abzuheben. So stellt die Rechtstheorie die rechtliche Geltung als Sollen dem sozialen Sein und andererseits als positive Geltung der naturrechtlichen Geltung gegenüber. Besonders die zweite dieser beiden Aufgaben hat — wenn auch in verschiedenen Verkleidungen — von jeher in der Rechtsphilosophie eine beherrschende Rolle gespielt. Es sollte nämlich durch Feststellung des Verhältnisses von gesatztem Recht und natürlichem Recht dargetan werden, welchen Schranken sich die Macht unterwerfen müsse, um Anspruch auf Gehorsam zu besitzen. In früheren Zeiten war es vor allem der Gesetzgeber, an den sich die Forderungen des Naiurrechts gerichtet haben, indem deklariert wurde, daß nur diejenigen Satzungen, die bestimmten sittlichen Voraussetzungen genügen, als Recht anzusprechen seien, während mangels solcher Voraussetzungen ihre gewaltsame Durchsetzung bloße Willkür sei. Noch im 19. Jahrhundert hat Johann Jacob Fries ein Lehrbuch des Naturrechts verfaßt,1 welches ausdrücklich als Anweisung für die Gesetzgeber gedacht war, was für Grundsätze sie zu befolgen hätten, um ihren Satzungen Rechtscharakter zu verleihen, und die 1922 erschienene "Philosophische Rechtslehre" von Leonhard Nelson,2 dem bedeutendsten Schüler von FRIES im 20. Jahrhundert, dient demselben Ziele.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-7091-6001-5_18

Full citation:

Kaufmann, F. (1936). Der Begriff des positiven Rechts und die Reine Rechtslehre, in Methodenlehre der Sozialwissenschaften, Wien-New York, Springer, pp. 291-310.

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