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216305

(1994) Ästhetik, Stuttgart, Metzler.

Die Politik des Seins

Martin Heidegger

Terry Eagleton

pp. 298-325

Ziehen wir einmal in Erwägung, was an einem Gegenstand konstitutiv für dessen Sein und zugleich dem äußeren Anblick ganz verborgen ist. Da ist zunächst die Zeitlichkeit dieses Gegenstandes — der Umstand, daß das, was wir sehen, wenn wir ihn betrachten, nur eine Art Schnappschuß oder ein stillgestellter Moment jenes Zeitverlaufs ist, der seine wahre Natur ausmacht. Unser Umgang mit den Dingen legt Querschnitte durch die Zeit, entreißt die Gegenstände ihrer Zeitlichkeit, die zu ihrem Wesen gehört, und zerlegt sie in handhabbare synchrone Klötze. Wenn dies von der Zeit gilt, so gilt es auch vom Raum: Kein Gegenstand tritt uns je in den Blick, es sei denn vor dem Hintergrund irgendeiner »Welt«, einer kaum wahrgenommenen Reihe von miteinander verbundenen Funktionen und Orten. Dieses Netzwerk von Perspektiven und Beziehungen, das ein Ding bis in seinen Kern durchdringt, stellt die Matrix bereit, innerhalb derer es identifizierbar und erkennbar wird. Eine »Welt« konstituiert die einfache Tatsache, daß es niemals nur einen Gegenstand geben kann — daß jedes besondere Stück der Wirklichkeit, um überhaupt verständlich zu sein, schon eingefangen sein muß in einem weiten, wuchernden Gespinst aus Elementen, auf die es sich vage bezieht. Es muß (um das Bild zu wechseln) stets im Vordergrund stehen gegen einen Horizont, der durch unseren Blick niemals ganz zu fixieren ist. Eine Welt ist nicht irgendein Objekt im Raum wie die Dinge, die sie enthält; denn sie wird durch menschliche Praxis unablässig und immer wieder zu einem Ganzen gemacht.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03510-3_12

Full citation:

Eagleton, T. (1994). Die Politik des Seins: Martin Heidegger, in Ästhetik, Stuttgart, Metzler, pp. 298-325.

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