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Eleonore Sterling schrieb 1965 in einem seither kaum mehr beachteten Artikel: "Der Philosemitismus — ähnlich wie auch der Antikommunismus — gehört zum Bekenntnischarakter der noch nicht verwirklichten deutschen Demokratie" (Sterling 1965, S. 30). Nun läßt sich sicherlich darüber streiten, wieweit die deutsche Demokratie 1965 verwirklicht war und wieweit sie in der zweiten Hälfte der 80er Jahre verwirklicht sein mag. Doch nicht darum soll es hier gehen, sondern um die Metamorphose eines gesellschaftlichen Phänomens, das Entstehung und Entwicklung der Bundesrepublik von Anbeginn begleitet hat: Wandlungen in Einstellungen und Verhaltensweisen, die in der gesellschaftlichen Realität, im individuellen und kollektiven Bewußtsein Juden betreffen. Dreierlei soll hierbei von vornherein mitbedacht sein. Erstens kann das gesellschaftliche Denken über Juden nicht auf einen modellhaften "ismus' reduziert werden, was sowohl auf Antisemitismus als auf Philosemitismus zutrifft.Zweitens verbietet sich aus historischer Sicht die Rückkopplung antisemitischer Vorkommnisse etwa der 80er Jahre einzig und allein mit dem rassistischen Vernichtungsantisemitismus des Dritten Reiches. Und drittens ist die Geschichte des Nachkriegs auch die Geschichte des westdeutschen Philosemitismus, eines Syndroms, dem entscheidendere Bedeutung zukommt, als sich aus der vorhandenen Literatur oftmals entnehmen läßt.

DOI: 10.1007/978-3-322-83731-8_9

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