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Genetische Phänomenologie und Phänomenologie der Instinkte

Nam-In Lee

pp. 51-63

Wie die Darstellungen in den beiden vorangegangenen Kapiteln zeigen, hat der objektivierende Art — auch der doxische, der vorstellende, der logische genannt — in der statischen Phänomenologie gegenüber anderen Bewußtseinsgestalten in verschiedener Hinsicht einen absoluten Vorrang. Im II. Kapitel wurde der Primat des objektivierenden Aktes in intentionalanalytischer Hinsicht auf die Formel gebracht: "Jedes intentionale Erlebnis ist entweder ein objektivierender Akt oder hat einen solchen zur "Grundlage' […]." Den anderen Aspekt dieses Vorrangs bildet der konstitutionstheoretische Vorzug des objektivierenden Aktes, daß dieser die einzige Quelle der Geltung darstellt. Die Konstitution im eigentlichen Sinne ist demnach ausschließlich die Angelegenheit des objektivierenden Aktes. Konstituieren bedeutet im Umkreis der statischen Phänomenologie Objektivieren. Den absoluten Vorrang des objektivierenden Aktes gegenüber anderen Bewußtseinsgestalten in konstitutiver Hinsicht bringt Husserl an einer Stelle der Ethik-Vorlesung von 1914 folgenderweise zum Ausdruck: "Die logische Vernunft hat nun aber den einzigartigen Vorzug, daß sie nicht nur in ihrem eigenen Feld [… ] Recht formuliert, Rechtmäßigkeit bestimmt, Rechtsgesetze als Gesetze prädiziert und ausspricht. Wertende und praktische Vernunft sind sozusagen stumm und in gewisser Weise blind. Schon das Sehen im engeren und weiteren Sinn, also auch im Sinne des "Einsehens' ist ein doxischer Akt." (XXVIII, 68) Im absoluten Vorrang des objektivierenden Aktes gegenüber anderen Bewußtseinsgestalten "liegt", so erklärt Husserl vom statisch-phänomenologischen Standpunkt aus, "die tiefste der Quellen, aus denen die Universalität des Logischen, zuletzt die des prädikativen Urteils aufzuklären ist […], und von da aus versteht sich auch der letzte Grund der Universalität der Herrschaft der Logik selbst." (III,1, 272)

Publication details

DOI: 10.1007/978-94-011-1801-9_4

Full citation:

Lee, N.-I. (1993). Genetische Phänomenologie und Phänomenologie der Instinkte, in Edmund Husserls Phänomenologie der Instinkte, Dordrecht, Kluwer, pp. 51-63.

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