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220223

(2016) Alfred Andersch, Stuttgart, Metzler.

Gleichnishaftes Erleben

Alfred Anderschs metaphysische Topographien und die Hörspielästhetik der 1950er Jahre

Christian Sieg

pp. 132-147

Alfred Anderschs Landschafts- und Städtedarstellungen sind schon häufiger zum Gegenstand der Forschung geworden, charakterisieren sie sein Werk doch in hohem Maße. Von den italienischen Weizenfeldern in Die Kirschen der Freiheit (1952) bis zur Darstellung der Eifel in Winterspelt (1974) fokussieren Anderschs Texte wiederholt Landschaften. Untersucht worden sind in dieser Hinsicht insbesondere die ästhetischen Darstellungsverfahren von Anderschs Prosa. In der Tat können nicht nur einzelne Texte, sondern kann ein Großteil von Anderschs Werk als Reiseliteratur gelesen werden.1 Nachgewiesen worden ist zudem, dass Andersch Landschaften oftmals in einer Art und Weise beschreibt, als seien sie Kunstwerke.2 Anstatt mich Anderschs ästhetischen Darstellungsverfahren erneut zuzuwenden, untersuche ich im Folgenden, wie Anderschs Texte das Ästhetische an sich thematisieren. Als Ausgangspunkt fungiert die Beobachtung, dass diese immer wieder ästhetische Erlebnisse in den Mittelpunkt stellen. Hier soll daher danach gefragt werden, welche Funktion Anderschs Werke dem Ästhetischen zuschreiben. Analysiert werden dabei die metaphysischen Topographien, in denen sich Erlebnisse ereignen, die eine vordiskursive und intuitive Erkenntnis insbesondere der Natur ermöglichen und damit einen Gegenstandsbereich betreffen, der aufgrund seiner Transzendierung des Sinnlichen traditionell der Metaphysik zugehörte. Metaphysische Topographien finden sich, wie gezeigt werden wird, sowohl in Anderschs Prosa als auch in seinem Hörspielwerk, das von der Forschung bisher verhältnismäßig wenig beachtet worden ist. Es ist jedoch die Hörspielästhetik der 1950er Jahre, die es erlaubt, die Funktion des Ästhetischen in Anderschs Werk näher zu bestimmen. Ziel ist es dabei nicht, einen wie auch immer gearteten Einfluss des Hörspielschaffens auf das übrige Werk des Autors zu belegen. Vielmehr lässt sich im zeitgenössischen Hörspieldiskurs ein Begriff des Ästhetischen aufweisen, der es erlaubt, die zahlreichen metaphysischen Topographien in Anderschs Werk in ihrer Funktion genauer zu bestimmen. Schreibt die zeitgenössische Hörspielästhetik dem Hörspiel zu, ein »gleichnishafte[s] Erleben«3 zu ermöglichen, so fasst dieser Begriff zugleich das Ästhetische, wie es in Anderschs Texten signifiziert und inszeniert wird.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-05482-1_6

Full citation:

Sieg, C. (2016)., Gleichnishaftes Erleben: Alfred Anderschs metaphysische Topographien und die Hörspielästhetik der 1950er Jahre, in N. Ächtler (Hrsg.), Alfred Andersch, Stuttgart, Metzler, pp. 132-147.

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